Post vom 20.12.12
Teil 52:
Der nächste Tag war angebrochen, nach einer unruhigen Nacht waren Rebecca und Marlene gerade dabei zu frühstücken, als es plötzlich an der Tür klopfte. Die junge Gräfin erhob sich und ging in dem Glauben gleich jemandem aus der Familie Wolf oder Lahnstein gegenüber zu stehen zur Tür. Doch als sie diese öffnete, war niemand da, Rebecca guckte noch einmal um die Ecke, aber es war nichts zu sehen. Auf dem Weg zurück in die Wohnung sah sie einen Umschlag auf dem Boden liegen, direkt vor ihrer Wohnungstür. Rebecca runzelte die Stirn, dann bückte sie sich, hob den Umschlag auf und ging zurück in die Wohnung. Sie betrachtete den Umschlag jetzt genauer, vorne stand in großen Druckbuchstaben „MARIE LICHTENBERG“, ansonsten nichts. Sie ging mit dem Umschlag zurück zum Tisch und Marlene fragte „was ist das?“ Rebecca sagte „den hat jemand vor dir Tür gelegt, er ist für Marie...“ und an ihrem Tonfall erkannte Marlene, dass etwas nicht stimmte. „Und das bereitet Dir sorgen? Hast Du eine Ahnung von wem der sein könnte?“ fragte sie und schaute ihre Freundin irritiert an. Die überlegte einen Moment, bevor sie sagte „Marie hat neulich einen merkwürdigen Anruf bekommen, nachdem sie fluchtartig die Wohnung verlassen hat. Als sie wieder kam, hatte sie eine Verletzung am Handgelenk und als ich sie danach gefragt habe, ist sie mir ausgewichen...“ Marlene fragte „und was schließt Du jetzt daraus?“, woraufhin die junge Gräfin sagte „ich weiß nicht genau, aber ich glaube, dass Marie in großen Schwierigkeiten steckt.“ Sie wollte den Umschlag öffnen, doch Marlene hielt die zurück „stopp, Du kannst den doch nicht einfach öffnen...das ist ihre Privatsphäre...“ Rebecca sah ihrer Freundin in die Augen, dann sagte die ruhig „normalerweise gebe ich Dir da völlig Recht, aber was sollen wir denn machen? Marie liegt schwer verletzt im Krankenhaus und wir wissen nicht, was in diesem Brief steht. Wenn es etwas schlimmes ist, können wir sie im Moment nicht damit belasten. Und ihn einfach ungeöffnet lassen...was, wenn es wichtig ist? Ich denke es ist eine Ausnahmesituation und Marie wird sicher Verständnis dafür haben.“ Marlene schien nicht endgültig überzeugt, aber sie nickte und Rebecca öffnete vorsichtig den Brief.
„Und, was steht drin?“ fragte Marlene besorgt, denn ihre Freundin war ganz still geworden und starrte auf den Brief. Rebecca las ihr die Zeilen vor „Noch 3 Tage, dann ist Zahltag. Vergiss es nicht und wage es nicht noch einmal mich warten zu lassen. Du weißt was Dir sonst blüht und diesmal gibt es keine Gnade.“ Marlene blickte Rebecca entsetzt an, offenbar hatte ihre Freundin mit ihrem Gefühl richtig gelegen „das hat mit den Leuten zu tun, bei denen sie diese Schulden hat, oder?“ vermutete sie. Rebecca schaute sie an „ich nehme es an...das klingt jedenfalls alles andere als gut. Was machen wir denn jetzt? Sollen wir sie damit im Krankenhaus konfrontieren? Ich denke nicht, dass das gut wäre...“ sagte sie nachdenklich. Marlene wusste auch keine Lösung „ja aber einfach ignorieren können wir es auch nicht und in drei Tagen kommt Marie mit Sicherheit noch nicht aus dem Krankenhaus. Ich fürchte uns bleibt nichts anderes übrig als mit ihr zu sprechen.“ Die beiden sahen sich an, ihnen war unwohl bei dem Gedanken, aber es gab keine Alternative. Rebecca sagte „okay, wir schauen wie es ihr geht und wenn sie einigermaßen stabil ist, reden wir mit ihr...“ Ihre Freundin nickte, dann schob sie den Teller von sich weg „ich kriege nichts mehr runter...lass uns bitte spazieren gehen, ich brauche dringend etwas frische Luft. Und danach fahren wir ins Krankenhaus.“ Rebecca stand auf und ging zu Marlene, sie legte ihr eine Hand aufs Gesicht, gab ihr einen Kuss und sagte „in Ordnung, aber nur, wenn Dir das nicht zu viel wird. Du hast auch viel mit gemacht...ich kann auch alleine ins Krankenhaus fahren.“ Marlene sagte leise „mach Dir keine Sorgen, ich schaffe das schon. Außerdem muss ich wissen, wie es ihr geht und ich möchte mich bei ihr bedanken.“ Rebecca küsste sie erneut „ich mache mir immer Sorgen um Dich und außerdem habe ich das Gefühl, dass Du hier die Starke spielen willst. Du musst auch an Dich denken Marlene...“ Ihre Freundin schaute sie an und sagte „das mache ich schon, versprochen. Und jetzt lass und los gehen.“
Marie erwachte aus einem unruhigen Schlaf, sie hatte kein Zeitgefühl mehr, seit sie im Krankenhaus lag. Heute Morgen war der Arzt bei ihr gewesen und hatte ihr mitgeteilt, dass sie außer Lebensgefahr war. Sie lag inzwischen auch nicht mehr auf der Intensivstation, sondern in einem normalen Zweibett Zimmer, das sie allerdings für sich alleine hatte. Immer wenn sie einschlief träumte sie von dem Moment, als Marlene und sie versuchten David zu überwältigen und dann kam dieser schrecklich laute Schuss, der alles andere verstummen ließ. Ab da war alles schwarz und Marie spürte nichts als eine unendliche Leere, die sie umhüllte. Sie hatte keine Eltern mehr, ihr eigener Bruder hätte sie fast umgebracht und noch immer waren gefährliche Geldeintreiber hinter ihr her. Einzig die Tatsache das Marlene nichts geschehen war tröstete sie, aber bald schon würde sie zurück kehren in ihr kaputtes Leben, wo sie einfach nur alleine war. Eine Träne lief über ihr Gesicht, Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit nahmen sie in Besitz und plötzlich bekam Marie Panik. Ihr blieb die Luft weg und sie fing an zu hyperventilieren. Sie drückte den Knopf an ihrem Bett und kurze Zeit später kam eine Schwester herein, die sich sofort um sie kümmerte und einen Arzt hinzu holte.
Eine gute Stunde später, Marie hatte ihre Panikattacke inzwischen einigermaßen verdaut, klopfte es an der Tür. Rebecca und Marlene betraten den Raum, die Blonde hatte einen großen Blumenstrauß dabei und auf Maries Gesicht machte sich ein Lächeln breit, als sie die beiden sah. „Das ist aber schön, dass Ihr mich besuchen kommt“ sagte die Patientin ehrlich erfreut. Marlene ging als erstes zu ihr, drückte Marie und gab ihr die Blumen „na hör mal, das ist ja wohl selbstverständlich nach allem, was Du für uns getan hast. Du hast mir das Leben gerettet Marie, ohne Dich wäre ich vielleicht noch immer in Davids Händen und wer weiß, was noch alles passiert wäre...Das werde ich Dir nie vergessen und ich danke Dir von ganzem Herzen für Deinen Mut.“ Marie musste schlucken, sie konnte kaum sprechen vor Rührung „ich war immerhin nicht unschuldig an dem was geschehen ist und es war das Mindeste was ich tun konnte für Euch. Ich würde es jederzeit wieder machen“ sagte sie und suchte nach einer Ablagemöglichkeit für die Blumen. Rebecca, die bislang noch nichts gesagt hatte kramte in den Schränken und fand eine Vase. Sie füllte sie mit Wasser, nahm Marie den Strauß ab und stellte ihn mit der Vase auf den Tisch. „Danke“ sagte Marie „die Blumen sind wunderschön, das wäre aber nicht nötig gewesen.“ Marlene und Rebecca winkten ab, dann endlich sagte auch die junge Gräfin etwas „ich bin wirklich froh, dass Du es überstanden hast und ich finde wir sollten endlich aufhören alles gegeneinander aufzuwiegen, was passiert ist. Du hast Fehler gemacht und ich wusste anfangs nicht, ob ich sie Dir verzeihen kann, aber Du hast viel mehr getan, als sie nur wieder gut zu machen und deshalb ist es an der Zeit, dass wir einen Haken unter die Vergangenheit machen. Also wenn Du willst, dann fangen wir noch mal von vorne an, ganz ohne Lügen und Riesen Dramatik.“ Rebecca reichte Marie die Hand und diese nahm sie überglücklich entgegen „danke, das bedeutet mir unglaublich viel“ sagte sie bewegt „ich weiß gar nicht was ich sagen soll...“ Marlene und Rebecca tauschten einen kurzen Blick, dann sagte Rebecca „eine Sache ist da allerdings noch und auch wenn wir der Meinung sind, dass es kein guter Moment ist Dich damit zu konfrontieren, so sehen wir leider keinen anderen Weg...“ Marie schaute die fragend an „macht Euch mal keine Gedanken, ich bin nicht aus Zucker und Unkraut vergeht nicht, wie Ihr ja gesehen habt. Also raus damit, was ist los?“ Rebecca kramte den Brief aus der Tasche und gab ihn Marie „den hat heute jemand vor unsere Tür gelegt...ich habe ihn geöffnet, weil ich das Gefühl hatte, dass es nichts Gutes zu bedeuten hat. Es tut mir leid, ich wollte nicht in Deine Privatsphäre eindringen, aber wir wussten ja auch nicht, wie es Dir geht und da dachte ich es wäre das Beste so.“ Marie nahm den Brief entgegen, las ihn und ließ ihn danach achtlos in der Schublade verschwinden „ich weiß, dass die Frist abläuft. Es geht um die ausstehenden Raten, aber ich kann sie unmöglich bezahlen. Eigentlich ganz praktisch, dass ich schon im Krankenhaus liege, wenn man es so betrachtet...“ sagte sie trocken. Marlene sagte „wie kannst Du da so ruhig bleiben? Diese Typen sind gefährlich, wie Dein Handgelenk bewiesen hat...wer weiß was als nächstes passiert.“ Marie schaute die beiden überrascht an und die junge Gräfin sagte „ich bin nicht blöd Marie, mir war schon klar, dass das zusammenhängt, ich hatte nur einfach andere Sorgen zu der Zeit und dann warst Du ja auch schon verschwunden...“ Marie nickte „es spielt keine Rolle was ich mache, sie werden mich schon nicht umbringen, denn dann bekämen sie gar kein Geld mehr.“ Rebecca schüttelte den Kopf, dann sagte sie „darauf werden wir es nicht ankommen lassen. Sag mir wie viel aussteht, dann leihe ich Dir das Geld.“ Die Blonde starrte sie ungläubig an „nein, das kann ich nicht annehmen. Vergiss es, ihr habt schon genug getan, kommt nicht in Frage“ sagte sie entschlossen. Aber Rebecca ließ sich nicht abbringen „hör auf mit mir zu diskutieren Marie, das war keine Frage, sondern ein Entschluss. Und wenn Du mich besser kennen würdest, dann wüsstest Du, dass Widerrede zwecklos ist.“ Marie schaute zu Marlene, die nur die Arme hob und leicht lächelnd sagte „zwecklos, da kann auch ich nichts machen.“
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