Am nächsten Tag studierte ich den Monatsplan des Theaters und teilte mich für jede Schicht ein, während der
Maria Stuart aufgeführt wurde. Ich kann Ihnen nicht sagen, warum ich das tat, ich kann nicht einmal behaupten, dass ich mir darüber Gedanken gemacht habe. Und da ich die Chefin im Laden bin, hat mich auch niemand danach gefragt. Lennart war allerdings wenig begeistert, als ich plötzlich mit meinem geänderten Dienstplan ankam, denn er bemühte sich immer, seine Termine so zu legen, dass wir die wenigen Zeiten, in denen ich nicht arbeitete, gemeinsam verbringen konnten. Ich tischte ihm etwas von wichtigen Veranstaltungen und Betriebsfeiern auf, so dass er nicht weiter nachbohrte.
Tatsächlich fand Caroline Stein sich nun regelmäßig nach den Vorstellungen in meinem Restaurant ein. Ich achtete streng darauf, ihr nicht zu nahe zu treten, aber mit der Zeit ergab sich das ein oder andere Gespräch. Zum Beispiel sprachen wir über das begeisterungsfähige Theaterpublikum in unserer Stadt, über empfehlenswerte Einkaufsmöglichkeiten oder mögliche Ausflugsziele im Umland. Da Caroline Stein sich hier noch nicht gut auskannte, war sie für jeden Tipp dankbar. Außerdem stellte sich heraus, dass sie auf der Suche nach einer Wohnung war. „Die Intendantin hat angedeutet, dass sie mich noch eine weitere Saison verpflichten möchte“, erzählte sie. „Es gefällt mir sehr gut hier. Warum also nicht?“
Selbstverständlich riet ich ihr zu, das Angebot anzunehmen und zählte ihr lang und breit sämtliche Attraktionen in der Gegend auf. „Es ist sicher nicht der schönste Fleck auf Erden, aber wenn man hier erst einmal eine Weile wohnt, will man hier nicht mehr weg“, prophezeite ich und erzählte ihr, dass ich ursprünglich aus Mainz komme und erst das Studium mich hierher verschlagen hat.
„Wenn man länger in Berlin gelebt hat, kann einen sowieso nichts mehr erschüttern“, erwiderte sie lachend. „Ich hätte mir auch längst eine richtige Bleibe gesucht, aber ich habe keine Ahnung, wo man hier gut wohnen kann. Es steht ja nirgends geschrieben, vor welchen Ecken man sich in Acht nehmen sollte, und wo sich die wahren Geheimtipps verbergen.“
„Wenn Sie wollen, kann ich Sie bei der Wohnungssuche begleiten“, bot ich ihr an. „Ich kenne die einzelnen Viertel hier ziemlich gut.“
„Ja, hätten Sie denn Zeit dazu?“, fragte sie erstaunt. „Sie haben ja ab mittags geöffnet.“
„Das ist der Vorteil, wenn man die Chefin ist“, lächelte ich. „Ich kann mir meine Termine relativ frei einteilen.“
„Wenn das so ist, nehme ich Ihr Angebot gern an.“ Sie war sichtlich erfreut. „Wie kann ich Sie erreichen?“
„Ab mittags am besten hier im Restaurant…“ Ich riss einen Zettel von meinem Bestellblock ab. „Aber für alle Fälle gebe ich Ihnen meine Handynummer.“
Und so kam es, dass Caroline Stein meine Handynummer in ihrer Handtasche verstaute und ich die folgenden drei Tage im Fünfminutentakt auf mein Mobiltelefon schaute, um nachzuprüfen, ob sie sich vielleicht schon gemeldet hatte.
Am vierten Tag kamen mir begründete Zweifel, ob sie ihre Zusage tatsächlich ernst gemeint hatte. Am fünften Tag war ich überzeugt, dass sie mein Angebot als aufdringlich und unangemessen empfunden hatte. Am sechsten Tag hielt ich sie für eine über die Maßen unzuverlässige und egozentrische Person. Aber am siebten Tag war all das vergessen, als sie sich tatsächlich meldete. Sie habe die Sonnabendausgabe der Rheinischen Post durchforstet und sich drei Wohnungen herausgesucht, erklärte sie mir am Telefon und wollte wissen, ob ich bereit sei, diese mit ihr zu besichtigen. Wir verabredeten uns für den folgenden Montag.
Als ich am Montagnachmittag die Straßenbahn nahm, um mich mit Caroline Stein vor dem ersten Objekt zu treffen, war mir völlig unklar, was mich erwarten würde. Wie reagierte wohl ein Eigentümer, wenn plötzlich Caroline Stein vor ihm stand und sich als potenzielle Mieterin vorstellte? Während der Fahrt malte ich mir alle möglichen Szenarien aus, die alle damit endeten, dass sie die Wohnungen mit Kusshand nachgeschmissen bekam. Ich zumindest hätte das getan, aber man soll ja nicht von sich auf andere schließen. Vielleicht würden wir auf geldhungrige Makler treffen, die den Preis noch einmal extra in die Höhe trieben, wenn sie erkannten, mit wem sie es zu tun hatten. Der Gegend nach zu urteilen hatte Caroline Stein es jedenfalls nicht nötig, sich eine kostengünstige Wohnung zu suchen. Ihr ging es darum, in einer respektablen Gegend mit guter Infrastruktur leben zu können, möglichst nicht zu weit weg vom Theater.
Es war ein kalter, unfreundlicher Novembertag, und als ich aus der Straßenbahn stieg, bereute ich, nicht meine Daunenjacke angezogen zu haben. Zumindest würden wir uns sicher mehr in Wohnungen als draußen auf der Straße aufhalten.
Caroline Stein stand schon an unserem vereinbarten Treffpunkt, als ich um die Ecke bog. Sie hatte sich tief eingegraben in ihre Winterjacke und eine voluminöse Wollmütze über ihre Locken gezogen. Ob ihr Outfit eher dem Kälte- oder dem Sichtschutz diente, war schwer zu sagen, auf jeden Fall gingen die Leute auf der Straße achtlos an ihr vorüber, ohne sie zu erkennen. „Wollen wir uns nicht duzen?“, fragte sie, nachdem wir uns begrüßt hatten. „Ich komme mir komisch vor, wenn wir zusammen Wohnungen ansehen und uns dabei siezen.“
„Okay, ich bin Fanny“, sagte ich überflüssigerweise und schüttelte ihr nochmals die Hand.
„Caroline“, sagte sie, ebenso überflüssig, und erwiderte meinen Händedruck.
Nachdem der Formalitäten Genüge getan war, traten wir durch das Gartentor des ersten Objektes. Von außen war schon zu sehen, dass die Belle Etage des Hauses nicht bewohnt war, und zusätzlich klebte das Schild
Zu vermieten an einem der Fenster. Eine ältere Frau mit weißen Haaren öffnete uns die Tür und führte uns über eine großzügige Holztreppe nach oben in den ersten Stock. Sie ließ durchblicken, dass sie weit über zwanzig Bewerber hätte, aber Caroline den Vorzug geben würde, wenn diese Interesse zeigte.
Die Wohnung war ein absoluter Traum, nur fand ich persönlich sie zu dunkel, denn die hochgewachsenen Bäume im Garten würden im Sommer kaum Licht hindurch lassen. Alles andere war perfekt, und die letzte Renovierung konnte höchstens zwei Jahre her sein. Die Wohnung verfügte über fünf große Zimmer mit hohen Fenstern und Stuck an den Decken, dazu noch eine geräumige Küche und ein nachträglich eingebautes Bad mit Dusche und Badewanne. Die alten Dielenböden waren gut erhalten, und die Elektrik erst kürzlich aufgerüstet. Und wenn man aus dem Wohnzimmerfenster sah, konnte man in der Ferne einen Park sehen. Gleich dahinter lag ein Einkaufszentrum, in dem man alles bekommen konnte, was für den Alltag vonnöten war.
Etwa eine halbe Stunde hielten wir uns bei der Dame auf, dann sagte Caroline, dass sie noch Termine hätte und sich zeitnah melden würde. „Was sagst du zu der Wohnung?“, fragte sie mich, sobald wir zurück auf die Straße traten. „Sie ist in einem guten Zustand, nicht wahr?“
„Sie ist in einem hervorragenden Zustand“, nickte ich. „Aber hast du die hohen Bäume im Vorgarten gesehen? Die nehmen dir im Sommer sämtliches Licht.“
„Ja, das ist mir auch aufgefallen.“ Sie zog ihre Mütze tiefer in ihren Nacken. „Und ich frage mich auch, ob ich tatsächlich fünf Zimmer brauche.“
„Das kann ich natürlich nicht beurteilen.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Es kommt darauf an, wer noch so alles bei dir aus- und eingeht…“
„Rüdiger Kurat jedenfalls nicht, falls du darauf anspielst.“ Sie sah mich von der Seite an. „Ich weiß, dass es dieses Gerücht gibt.“
Aus irgendeinem Grund erleichterte mich diese Nachricht kolossal. „Du tust nicht besonders viel, um es auszuräumen“, entfuhr es mir, und ich wurde rot, als sie mich erstaunt ansah.
„Nein“, sagte sie schlicht und ließ es damit bewenden.
Die nächste Wohnung war längst nicht so schön wie die erste. Zum einen war sie bedeutend kleiner, zum anderen lag sie in einer ziemlich versnobten Gegend, von der ich annahm, dass Caroline sich als Künstlerin dort wenig wohl fühlen würde. Auch war die Wohnung nicht in einem so guten Zustand, kostete aber zweihundertfünfzig Euro mehr an Kaltmiete, vermutlich wegen der teuren Lage.
„Dann bleibt uns wohl nur noch die dritte“, sagte Caroline trocken, als wir in die Straßenbahn einstiegen. „Ganz wie im Märchen.“ Natürlich hätten wir auch mit dem Auto fahren können, aber um diese Uhrzeit tat man gut daran, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, da man sich sonst nur von Stau zu Stau hangeln würde, ganz abgesehen davon, dass allein die Parkplatzsuche eine halbe Stunde in Anspruch nehmen konnte.
Irgendwie war es lustig, mit Caroline Stein Straßenbahn zu fahren. Die meisten Leute waren so mit sich beschäftigt, dass sie nicht nach links und nicht nach rechts schauten, aber einige erkannten Caroline, und man konnte den Konflikt in ihren Gesichtern lesen. Erstaunlicherweise wagte es keiner, auf sie zuzugehen, so als hätte sie ein riesiges
Bitte-nicht-ansprechen-Schild um den Hals hängen. Es war mir ein Rätsel, wie sie das machte, aber augenscheinlich funktionierte es.
Am Anfang unseres Ausfluges war ich noch recht schweigsam gewesen, weil ich mir unsicher war, ob Caroline nur meine Meinung über Wohngegenden schätzte oder auch meine Gesellschaft. Doch je länger wir unterwegs waren, desto gelöster wurde die Stimmung zwischen uns. Es machte richtig Spaß, mit ihr unterwegs zu sein, und bald plauderten wir ohne Unterlass. Über alles Mögliche tauschten wir uns aus und nutzten auch die Gelegenheit, über bestimmte Menschen am Theater zu lästern. Nicht weil es uns Spaß machte, über Leute herzuziehen, aber am Theater sind über hundert Angestellte beschäftigt, und einige davon sind wirklich eine Plage für die Menschheit. Es tat gut, sich darüber auszutauschen, und wir stellten überrascht fest, dass wir dieselben Leute mochten und nicht mochten, und zwar aus denselben Gründen. Überhaupt hatten wir auf viele Dinge dieselbe Sichtweise, nicht nur, was das Theater betraf.
Wir waren so ins Gespräch vertieft, dass wir nicht merkten, wie sich draußen der Himmel bedrohlich zusammenzog. Als wir nach einer halben Stunde Fahrt aus der Straßenbahn stiegen, um das letzte Objekt zu besichtigen, fielen die ersten dicken Tropfen aus den Wolken. „So ein Mist!“, fluchte ich und versuchte, meinen Kragen so hochzuziehen, dass es mir nicht in den Nacken regnete. Hätte ich bloß meine Jacke mit der Kapuze angezogen. „Ich wohne hier ganz in der Nähe“, erklärte ich Caroline. „Wollen wir vielleicht dort den Schauer abwarten?“
Sie sah prüfend auf ihre Armbanduhr. „Nein, der Makler erwartet mich um fünf Uhr. Ich will ihn nicht versetzen.“
Also kämpften wir uns durch den Regen. Die anderen Passanten hatten offenkundig den Wetterbericht gehört, jedenfalls waren sie wesentlich präparierter als wir. Es war gar nicht so einfach, den spitzen Regenschirmen auszuweichen, um ernsthaften Verletzungen zu entgehen.
Der Regen wurde zunehmend dichter, und nach zehn Minuten waren wir beide bis auf die Haut nass. Auch Caroline sah jetzt ein, dass es keine gute Idee war, wenn sie dem Makler in diesem Aufzug gegenübertrat. „Vielleicht sollten wir doch erstmal zu dir gehen“, schlug sie vor. „Ich möchte nicht, dass du dir meinetwegen eine Lungenentzündung holst.“
Ich stimmte sofort zu, denn ich fror wirklich erbärmlich. Caroline rief also ihren Makler an und informierte ihn, dass sie sich um etwa eine Stunde verspäten würde. Dann begaben wir uns im Laufschritt zu meiner Wohnung.
Wir atmeten beide auf, als ich die Tür aufschloss und wir in die geheizten Räume traten. „Ich tropfe dir alles voll“, jammerte Caroline, halb im Ernst, halb lachend. „Hättest du vielleicht ein Handtuch für mich?“
„Nicht nur ein Handtuch, ich kann dir auch etwas Frisches zum Anziehen geben.“ Ich hängte unsere Jacken über zwei Stühle, damit sie trocknen konnten. „Und wie wäre es mit einer heißen Dusche?“
„Wunderbar“, schwärmte sie. „Aber du zuerst. Du hattest ja nicht einmal eine Mütze dabei.“
Ich drehte die Thermostaten der Heizung auf die höchste Stufe und schlüpfte im Eiltempo unter die Dusche, um sie nicht so lange warten zu lassen. Das heiße Wasser auf der Haut war herrlich, und innerhalb von fünf Minuten fühlte ich mich wieder völlig durchgewärmt. Schnell zog ich mir eine neue Jeans und einen Wollpulli an und nahm den Föhn mit aus dem Bad, damit Caroline schon unter die Dusche konnte, während ich mir die Haare trocknete.
Caroline hatte sich dicht an die Heizung gestellt, als ich ins Wohnzimmer kam, und sah aus wie ein begossener Pudel mit ihren nassen Locken. „Soll ich dir frische Kleidung vors Badezimmer legen?“, fragte ich und drückte ihr ein sauberes Handtuch in die Arme.
„Nein, ich lasse die Tür offen. Danke, dass du mir was leihst.“ Caroline schüttelte sich fröstelnd. „Ich beeile mich“, sagte sie, als sie im Bad verschwand.
„Lass dir so viel Zeit, wie du möchtest“, rief ich ihr hinterher, aber ich wusste nicht, ob sie mich noch gehört hatte. Während aus dem Bad das Rauschen der Dusche ertönte, kramte ich in meinem Kleiderschrank nach Sachen, die Caroline passen könnten. Nach längerem Suchen fand ich eine weiße Jeans, die ich im letzten August gekauft hatte und seit Monaten kürzen lassen wollte. Wie gut, dass immer etwas dazwischen gekommen war. Ich warf die Hose aufs Bett und legte eine blaue Fleecejacke daneben, unter die ich normalerweise einen Pullover zog. Dann suchte ich noch Unterwäsche und Socken heraus und legte die Sachen ins Bad, den Blick fest auf die Fliesen gerichtet.
Ich atmete tief durch, als ich wieder im Flur stand. Das wäre geschafft. Nachdem ich mir die Haare getrocknet und den Föhn durch den Türspalt ins Badezimmer gelegt hatte, kochte ich uns einen heißen Kaffee. Ich zündete noch ein paar Kerzen an und war gerade dabei, einen Teller selbstgebackene Kekse aufzudecken, da trat Caroline ins Wohnzimmer. Ihr Haar war noch feucht, und ihre Wangen glühten noch von der heißen Dusche. Die Sachen, die ich für sie ausgesucht hatte, passten perfekt, insbesondere die Fleecejacke stand ihr besser als mir.
Ich muss ziemlich seltsam geguckt haben, denn sie sah unsicher an sich herunter. „Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte sie und prüfte den Sitz der Hose.
„Nein, nein. Du siehst… toll aus“, stotterte ich. „Wirklich.“
Offenbar hatte sie die Duschlotion gewählt, die Lennart mir zum Geburtstag geschenkt hatte, denn der süße Geruch von Vanille umhüllte mich, als sie näher an den Tisch trat. Bisher war mir gar nicht aufgefallen, wie tiefblau ihre Augen waren, oder kam das nur durch das Kerzenlicht?
Ich kann gar nicht sagen, was dann als nächstes passierte, ich erinnere mich nur, dass wir schweigend voreinander standen, eine ganze Weile, und auf einmal beugte sie sich zu mir und küsste mich.
Ich wich zurück, und als ich aufsah, merkte ich, dass sie genauso erschrocken war wie ich.
Und dann geschahen zwei Dinge gleichzeitig. Caroline trat ein paar Schritte zurück, das Schloss der Wohnungstür drehte sich, und Lennart stand in der Wohnung. „Hey Fanny, du bist ja zu Hause“, rief er überrascht und kam auf mich zu, um mich zu begrüßen. Dann entdeckte er Caroline. „Oh, wir haben Besuch“, sagte er erfreut und reichte Caroline die Hand. „Ich bin Lennart Stuve.“
„Caroline Stein.“ Caroline schüttelte ihm die Hand.
„Störe ich euch?“, wandte er sich an mich. „Ich kann mich auch ins Arbeitszimmer verziehen…“
„Nein, nein, ich wollte sowieso gerade gehen“, sagte Caroline und nahm ihre Winterjacke von der Stuhllehne.
„Aber…“ Ich konnte gar nicht so schnell gucken, wie sie ihre Kleidung zusammengesammelt hatte. „Was ist mit der dritten Wohnung?“, fragte ich verwirrt.
„Ich schau sie mir allein an. Du willst sicher Zeit mit deinem Freund verbringen.“ Sie war schon auf dem Weg zur Wohnungstür.
„Warte…“ Endlich kam Bewegung in mich und ich rannte hinter ihr her. „Bleib doch noch…“
„Ich muss wirklich gehen“, sagte sie, schon im Hausflur. „Wir sehen uns am Mittwoch nach der Vorstellung.“
„Na gut, wie du meinst...“ Ich sah ihr ratlos hinterher.
„Nächstes Mal sagst du mir Bescheid, wenn du Prominenz in unserer Wohnung empfängst“, rügte mich Lennart, als er hinter mir auftauchte. „Wieso musste sie so schnell weg? Bin ich ein so grässlicher Anblick?“
Ich hatte keine Lust, auf seine Scherze einzugehen. „Sie hat halt Termine“, sagte ich und schob mich an ihm vorbei zurück in die Wohnung. Ich fühlte mich, als hätte mir jemand einen Baseballschläger über den Kopf gezogen. Hatte mich Caroline Stein eben geküsst? Der Moment war so flüchtig gewesen, dass ich mich fragte, ob er wirklich passiert war. Aber warum sonst war alles in mir so in Aufruhr? Mein Herz klopfte so wild, dass ich Angst hatte, Lennart würde mir etwas anmerken. Was wäre geschehen, wenn er nicht nach Hause gekommen wäre?
In meinem Kopf ging alles drunter und drüber, und ich teilte Lennart mit, dass ich mich für eine Weile hinlegen würde. Ich verspürte das dringende Bedürfnis, mir die Decke über den Kopf zu ziehen und für den Rest des Tages nicht mehr hervorzukommen.
Als ich dann aber so dalag, an die Zimmerdecke starrte und die letzten Wochen Revue passieren ließ, wurde ich nur noch verwirrter. Warum hatte ich Caroline nie erzählt, dass ich einen Freund habe? Wieso hatte ich alle Schichten so gelegt, dass ich ihr begegnete? Und was hatte mich geritten, ihr anzubieten, mit ihr Wohnungen anzusehen? Und je mehr die Gedanken zu all diesen Fragen sich zu einer einzigen Antwort verdichteten, desto elender wurde mir zumute.
To be continued....