Kapitel 89: Drowning into you
Unter ihm lag etwas Weiches. Ein Aufschrei kam nun auch von der Person auf die er gestürzt war. Hastig knipste Tristan das Licht der Nachttischlampe an. „Bist du verrückt? Was machst du hier?“ Bellas roter Lockenkopf wirbelte hoch und sah ihn entgeistert an. „Ich hab´s nicht mehr ausgehalten“, gab der Dunkelhaarige zu und sah Bella mit einer gespielten Leidensmine an, dass sie nicht länger böse sein konnte. „Aber – ist denn alles mit dir okay?“, wollte sie dennoch wissen. „Ach, der kleine Kratzer“, lachte Tristan und gab sich betont cool. Bella wusste allerdings, dass es in seinem Inneren total anders aussah. Sein Bruder war gestorben und man hatte auf ihn, Tristan, geschossen und Marlene war entführt worden. Das, was unten im Kaminzimmer passiert war, wusste er ja noch nicht einmal. „Schön, dass du noch hier bist“, sagte er leise zu ihr und sah sie mit einer Mischung aus Unsicherheit und Zärtlichkeit an. Bella senkte den Blick und Tristan bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. „Was ist los?“, fragte er mit rauer Stimme und die Rothaarige sah ihn perplex an. Er kannte sie, immer noch.
„Ich habe fast auf Ansgar geschossen.“ „Du hast WAS?“ Tristan konnte es nicht glauben. Dann erzählte Bella ihm alles, angefangen von dem Moment wo sie die Waffe vom Rasen aufgeklaubt hatte, die dort anscheinend vergessen worden war bis zu dem Punkt wo Elisabeth auf Ansgar gezielt hatte. Tristan sah sie ungläubig an. „Elisabeth wollte Ansgar umbringen?“ Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und lehnte sich zurück, atmete mit einem Stoß Luft aus. „Das ist doch alles total krank.“ Bella sah ihn zweifelnd an. „Ist es das? Hast du dich vielleicht mal gefragt, warum alle so verhasst auf Ansgar sind? Er ist immerhin Schuld am Tod deines Bruders.“ „Ansgar ist ein Schwein, das weiß ich und ich bereue es, gemeinsames Spiel mit ihm gemacht zu haben, das kannst du mir glauben. Ich verstehe auch, dass man ihn hasst aber er hat mit Sicherheit nicht gewollt, dass das passiert.“ „Ach nein? Er hat dich doch dazu getrieben, gemeinsame Sache mit ihm zu machen, er hat dich manipuliert…“ Ja, weil ich mich habe manipulieren LASSEN“, warf Tristan ein. „Tristan, er hat deine psychische Verfassung ausgenutzt um allen in der Familie zu schaden. Verteidigst du ihn etwa?“ „Nein, das tu ich nicht. Aber ich habe auch nicht vergessen, dass er an dem Tag für mich da war als mein Vater starb.“ „Ja, weil er ab da angefangen hat, dich zu manipulieren, begreif das doch.“ Bella fühlte sich als würde sie versuchen, ein störrisches Pferd in den Galopp zu bringen. „Ich glaube, das war echt. An dem Tag war es echt. Das habe ich gemerkt.“ „Wie dem auch sei, irgendetwas in mir ist ausgetickt. Ich habe die Waffe gefunden und wollte nicht, dass die Polizei sie sieht, weil da deine Fingerabdrücke drauf sind, auch wenn ich weiß, dass es Notwehr war…“ „Das ist doch alles jetzt völlig nebensächlich“, sagte Tristan leise und sah Bella intensiv an. Die Rothaarige wandte den Blick ab und wusste, auf was Tristan abzielte. Doch sie war nicht bereit, sich wieder auf ihn einzulassen, denn sie wollte keine Beziehung mehr mit ihm. Sie konnte es einfach nicht mehr. Sie spürte seinen Blick auf sich und konnte sich dennoch seiner Anziehungskraft nicht erwehren.
Vorsichtig drehte Tristan ihren Kopf wieder am Kinn zu sich herum und sah sie intensiv an. „Bella, mir ist eins im Krankenhaus klargeworden. Dass ich so vieles verloren habe und so vieles falsch gemacht habe und dass ich wenigstens eine Sache in meinem Leben richtig machen will.“ Bella sah ihn unter ihren langen, dichten Wimpern hervor an und wollte nicht, dass er weitersprach, zu sehr spürte sie bereits ihr Herz wieder klopfen und zu stark war das Verlangen, ihn einfach an sich zu ziehen. Tristan rückte näher und näher und sie spürte beinah den Atem auf ihrem Gesicht als er fortfuhr: „Und wenn es nur das ist, dich zu lieben“, flüsterte er und sah ihr einen Moment zu lang in die Augen. Die Rothaarige konnte nicht anders, ihr Verstand schaltete sich komplett aus als Tristans Lippen die ihren berührten. Vorsichtig drängte er sie nach hinten so dass er auf ihr zum Liegen kam. Sie immer noch zärtlich küssend, schob er den Träger ihres Negligés ein Stück nach unten und fuhr mit der Hand über ihre weichen Schultern. Fordernd drängte er seine Zunge weiter in ihren Mund und Bella spürte wie ihre Gegenwehr immer mehr schwand. Sie spürte seine Hände nun überall auf ihrem Körper und bald fiel ihr Nachthemd zu Boden. Auch Tristans einziges Kleidungsstück wirbelte durch die Luft.
All die angestauten Gefühle der vergangenen Tage entluden sich und alles was sie an schrecklichen Dingen erlebt hatten wurde nichtig in diesem Moment. Tristan sah Bella tief in die Augen und wieder war dieses ganz Besondere zwischen ihnen: das Gefühl, dass sie eins waren, dass sie zusammengehörten, nichts sie trennen konnte. Bonnie und Clyde, Bella und Tristan. „Ich liebe dich“, flüsterte er leise und es war als würde man Bella den Boden unter den Füßen wegziehen. „Das wird ich immer tun, immer, hörst du?“ Es war weniger eine Frage als eine Feststellung. Die Rothaarige schloss die Augen und gab sich dann wieder Tristan hin. Zu sehr wühlte sie auf was er sagte, zu übermächtig war das Gefühl, dass er in ihr auslöste. Sie wollte es aufsaugen, das Gefühl, es konservieren weil sie wusste, dass es das letzte Mal war, dass sie es spürte, das Gefühl der totalen Entrücktheit und das Gefühl wie es war mit Tristan eins zu sein, nicht nur körperlich sondern auch psychisch, auf einer Ebene zu schweben, einer Welt, in der nur sie beide Zutritt hatten. Bella wollte es speichern um es später abrufen zu können, wann immer sie danach verlangte, sie wollte es nie vergessen.
Sie öffnete erneut die Augen. Tristans Augen waren fast schwarz als er mit seinem Blick in ihre blauen Augen eindrang und seine Worte trafen sie mitten in der Seele: „Bitte verlass mich nicht, Bella. Ich könnte es nicht ertragen. Nicht jetzt.“ Sie konnte nichts sagen, es ging einfach nicht. Nicht jetzt. Nicht in diesem Moment. So küsste sie ihn nur statt einer Antwort und hoffte, dass er nicht fragen würde. Tristan klammerte sich an sie wie ein Ertrinkender und Bella spürte in jeder seiner Bewegungen die Verzweiflung in ihm. Es riss ihr beinah das Herz heraus und sie wünschte, sie könnte irgendetwas tun, dass es ihm besser ging, irgendetwas. Sie hatte das Gefühl, dass sie etwas sagen musste, doch kein Ton kam über ihre Lippen, sie waren wie versiegelt. Als er wieder tiefer in sie eintauchte, ihren Körper und ihre Seele, verschwand für einen Augenblick alles in Nichts und sie explodierte gemeinsam mit ihm.
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